Zauber der Bilder – das Zürcher Ressourcen Modell®

Welches Thema wäre geeigneter für einen ersten Blogbeitrag als über das eigene Lieblingstool zu schreiben? – Darf man als Coach überhaupt sagen, dass an so etwas wie ein „Lieblingstool“ hat? Reduziert man sich dann selber auf die Methode? Ich hoffe, das wird nie der Fall sein! Beim Coachen möchte ich mich stets nur um die Belange des Coachees* kümmern und wenn der nun wenig Affinität zu Bildern oder zu optischen Reizen hat, gibt es andere Impulse und Tools, die zum Einsatz kommen können … also deshalb nun zurück zu meinem Favoriten!

Entwickelt von Dr. Maja Storch und Dr. Frank Krause an der Universität Zürich verknüpft das Zürcher Ressourcen Modell, kurz ZRM®, Erkenntnisse aus der Neurobiologie und Theorien aus der Motivationspsychologie, es verknüpft Emotion und Verstand miteinander, um so zu einer individuellen Handlungsstrategie zu gelangen. Es kann sowohl im Einzelcoaching als auch in der Gruppe angewendet werden.

Das Zürcher Ressourcen Modell ist ein Selbstmanagement-Tool, das hilft vorhandene Ressourcen (wieder-) zu entdecken und zu lernen diese in Schlüsselsituationen selbst aktivieren zu können. Es stärkt und fördert Resilienz. Das übergeordnete Ziel: Werde dein eigener Experte. Ein Wundermittel, Zaubertrank, Geheimrezept, Arkanum!

Ich möchte das Modell gar nicht in der Tiefe beschreiben oder analysieren … letztlich geht es in einem Life-Coaching auch nicht ums Theoretisieren, sondern darum den richtigen Impuls zu setzen und genau das kann das Zürcher Ressourcen Modell auf eine so wunderbare Weise.

Verpackt in einem unscheinbaren, leichten Pappkarton kommen die Bildkarten daher, es gibt sie im DIN A6 Format, quasi für die Handtasche, oder in der großen DIN A4 Variante. Ich behaupte, dass die Bilder erst in der großen Variante richtig zur Geltung kommen und auf jeden Fall für ein Gruppencoaching besser taugen als die Mini-Ausgabe.

Die Bilder – jedes einzelne auf seine ganz eigene Weise – haben ein markantes Motiv, starke Farben und ich möchte behaupten, dass selbst jeder Skeptiker ein Motiv findet, das ihn spontan anspricht … Löwe, Adler, Baum, Sonnenblume, Himbeeren, die Hängematte am Strand, Wanderschuhe, ein offenes Tor, der Oldtimer, das Dekolleté mit der Perlenkette, eine gekrizzelte, rote Kinderzeichnung, … alle Motive rufen ausschließlich positive Konnotationen hervor.
Es braucht genügend Platz, um die großen Karten übersichtlich auf dem Boden auszulegen, das Verteilen der Bilder schafft Ruhe, gewinnt die Aufmerksamkeit der Coachees oder Trainees. Es braucht hier auch gar nicht viel Erklärung oder Anleitung, denn es geht einfach darum sich sein persönliches Lieblingsbild auszusuchen.

Diese Bilderwelt ist der Ausgangspunkt, um später den Rubikon zu überschreiten. Warum der Rubikon? Wir machen weder eine Reise nach Italien noch wollen wir etwas Riskantes unternehmen. Nein, ganz im Gegenteil! Wir wollen Ressourcen aktivieren und das schafft das Tool in wohlbedachten, aufeinanderfolgenden Schritten, in denen der Coachee animiert wird aktiv etwas zu tun:

Nachdem der Coachee seine Bildkarte ausgesucht und an sich genommen hat, schreibt er nun alle positiven und angenehmen Assoziationen, die für ihn mit dem ausgesuchten Bild verbunden sind, in Form eines Brainstormings auf. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Das Ideenkörbchen wird gefüllt. Das kann der Coachee alleine tun, oder aber man bildet in einem Teamcoaching kleine Gruppen, sodass auch andere Coachees Ihre Assoziationen in das Ideenkörbchen legen können.

Anschließend wählt der Coachee die für ihn schönsten und hilfreichsten Assoziationen zu seinem Bild aus. Er wägt ab, welche Begriffe ihm besonders am Herzen liegen, er kann Ideen streichen oder die einzelnen Ideen nach seinem ganz persönlichen Empfinden hierarchisieren. Eine vermeintlich simple aber sehr effektive Aufgabe. – Das unbewusste Bedürfnis soll zum bewussten Motiv reifen.

Wir nähern uns in großen Schritten dem Rubikon und sind so kurz davor ihn zu überschreiten. Was für eine Metapher, die aber auf keinen Fall abschrecken soll, denn der Prozess, den sie beschreibt, ist essenziell entscheident für das Gelingen der Ressourcenaktivierung:

Aus den ausgesuchten Lieblingsbegriffen aus seinem Ideenkörbchen, formuliert der Coachee nun ein Motto-Ziel. Sein Motto-Ziel! Das kann ganz schnell und klar geschehen, es kann aber auch ein Prozess des Ausprobierens sein, bis die Wörter aus dem Ideenkörbchen so hintereinander gereiht sind, dass es für den Coachee gut klingt. Das Motto soll motivational und ansprechend formuliert werden, es sollte positiv konnotiert sein und für den Coachee aus eigener Kraft erreichbar sein. Bei diesem Schritt werden Bewusstes und Unbewusstes synchronisiert, so dass eine Intention (ein starkes Gefühl des Wollens) entsteht.
„Das Überschreiten des Rubikon ist ein entscheidender Schritt im Coachingprozess. Auf die Phase des Abwägens (goal setting) links des Rubikons folgt die Phase des Wollens (goal striving)“, Dr. Maja Storch. Den Rubikon überschreiten. Lernende Schule 45/2009.

Man kann sich jetzt also fragen, was hat das alles mit dem Bild zu tun, das man sich ausgesucht hat? Was soll schon so ein dem Ideenkörbchen und ein Motto-Ziel bewirken? In der Phase der präaktionalen Vorbereitung lernt der Coachee sich selber in die Lage zu versetzen, zu handeln. Es braucht somatische Marker, die er aufrufen kann, wenn er im Alltag sein Ziel umsetzen möchte, das kann ein Embodiment (Makro oder Micro) sein, also eine bestimmte Bewegung, die man mehr oder weniger auffällig in den eigenen Bewegungsablauf aufnimmt. Es kann eine bestimmte Musik, ein Talisman, ein Lieblingskleidungsstück, ein Bild sein, auf jeden Fall etwas, das man abrufen kann, wenn man es braucht um sein selbst gestecktes Ziel zu erreichen.

Zum Schluss geht es um den Transfer und die Integration der gewünschten Handlung in den Alltag: Durch das Einüben der neuen Verhaltens- oder Denkweise wird ein Lernprozess im Gehirn angestoßen und neue neuronale Netzwerke sollen entstehen. Die Reflektion erlaubt es dem Coachee besonders starke somatische Marker für die Umsetzung seines Ziels zu erkennen und zu nutzen.

Nun ist es zwischenzeitlich doch etwas theoretisch geworden, so dass ich abschließend wieder den Bogen zu meiner Magie der Bilder schlagen möchte: Ich mag dieses Tool so besonders, weil es mit einer Art der Leichtigkeit vermag eine gewünschte Verhaltensänderung zu initialisieren, Schritt für Schritt und je nach Gusto des Coachees dieses Ziel in das eigene Leben bestmöglich zu integrieren.

Durch die somatischen Marker ist das Ziel, das Motto am Ende visualisiert, vielleicht im Einzelfall sogar haptisch greifbar, aber auf jeden Fall langfristig und bei Bedarf immer wieder abrufbar und das alles ausgehend von der spontanen Reaktion auf ein Bild.

Wer’s nicht glauben mag und denkt, dass ist doch alles Quatsch, kommt einfach mal zum Coaching und probiert es aus!

*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwende ich in diesem Beitrag bei personenbezogenen Hauptwörtern die männliche Form. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter und beinhaltet keinerlei Wertung.